Montag, 14. Februar 2011

Unser Nachwuchs

Seit Ende Sept. 2010 existiert an der Regionalen Schule in Crivitz ein Chor der 5. und 6. Klassen.
Es ist die Schule, wo die Schüler nicht wissen, wo der Musikraum ist. Ein paar Knirpse (5. oder 6. Klasse), die ich im Treppenhaus danach fragte, antworteten:"Das wissen wir nicht, da war'n wir noch nicht..."
Ist das nicht traurig? Wir sind in Deutschland, 21. Jahrhundert, Meck-Pomm...
An der Schule gibt es seit fast zwei Jahren keinen Musikunterricht.
Was hier passiert, ist in meinen Augen schon kriminell, ein Skandal der Vernachlässigung von Bildung, ja es gibt auch keinen Ersatz dafür, wo man vielleicht etwas anderes kulturell Angehauchtes mit den Kindern tut, sei es vielleicht Basteln oder Bücher vorstellen oder dergleichen.
Hier wird der geistigen und kulturellen Verödung unserer Kinder weiterer Vorschub geleistet. Sie können sich nicht dagegen wehren, man enthält ihnen Erfahrungen vor, die sie nirgendwo anders machen können und so auch nie mehr nachholen können.
Was hier nicht investiert wird, braucht man später doppelt und dreifach zur Bekämpfung von Drogenmissbrauch, Kriminalität, für Resozialisierungsmaßnahmen, Therapien, Psychatrien, prophylaktische Gegenmaßnahmen gegen Aggressions- und Gewaltentladungen, Bewährungshelfer...
Und dann kommen diese Schüler ab der 7. Klasse zu uns an das Gymnasium und sollen bitteschön "auf gymnasialem Niveau " unterrichtet werden.
Gut drei Monate hatten wir geprobt und wurden schon zu vier Auftritten gebeten. Man sieht, der Bedarf ist da (Weihnachtsprogramm im Altenheim und zum Crivitzer Adventsmarkt, Neujahrsempfang des Bürgermeisters und Tag der offenen Tür).
Es ist eine schöne Erfahrung, auch wenn sich das Interesse zahlenmäßig bisher in Grenzen hält, mit 20 Schülern ging es los, jetzt sind noch 14 dabei.
Die Schüler "gieren" förmlich nach jedem neuen Lied, sind begeisterungsfähig und haben auch eigene Ideen. Sie sind versessen darauf, Begleitinstrumente zu spielen, am liebsten alle gleichzeitig und alle durcheinander.
Ich erlebe, dass Eltern sich sehr interessieren, das Gespräch suchen, von sich aus Dokumentationen in Bild und Ton machen. Hier ein dickes Dankeschön an die Familie Behrendt, von der die Aufnahmen vom Neujahrsempfang und Adventssingen stammen.
Einige Kinder erzählen, wie ihre Familie zu Hause Anteil nimmt und die Lieder kommentiert, nachspielt bzw. sogar mitlernt. Das ist Balsam für die geschundene Musiklehrerseele, die in über 25jähriger Tätigkeit auf diesem Gebiet auch manches Desinteresse, Gleichgültigkeit, teilweise sogar Feindseligkeit hinnehmen musste.
Und noch eine Geschichte muss hier erzählt werden, die beweist, was ich immer wieder erfahren habe: Ein Schulchor ist so gut wie die Unterstützung durch die Schulleitung bzw. den Schulleiter.
In Vorbereitung des Auftritts zum Neujahrsempfang des Bürgermeisters (ein Samstagvormittag) stellte sich eine Woche vorher heraus, dass die Hälfte der Schüler aus verschiedenen "wichtigen" Gründen "irgendwie" nicht konnte und ich mit 6 oder 7 Schülern dagestanden hätte. Ich suchte sofort das Gespräch mit dem Schulleiter. Dieser ließ sich eine Liste geben und hängte sich die Woche über ans Telefon, um die Eltern jedes Einzelnen anzurufen und ihnen die Bedeutung und Wichtigkeit dieses Auftritts klarzumachen. Und siehe da- plötzlich konnten alle, bis auf zwei Ausnahmen!
Manchmal muss man eben zu seinem Glück etwas gezwungen werden, und die Schaumküsse, die als Belohnung heraussprangen, waren ja auch wirklich sehr lecker!

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